BMWK-Photovoltaik-Strategie: Bund legt Maßnahmenpakete vor

Branchenneuigkeit – 26. Juni 2023 | Sarah Hommel de Mendonça

Nach der Überarbeitung des Erneuerbare-Energien Gesetzes (EEG) 2023 geht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unter Robert Habeck in die nächste Runde, um den Möglichkeitsraum für einen umfassenden Solarausbau auszuweiten:

Die am 5. Mai 2023 vorgelegte Photovoltaik-Strategie benennt Maßnahmen, welche unter dem Namen „Solarpaket I“ noch vor der parlamentarischen Sommerpause dem Bundeskabinett zur Abstimmung vorgelegt werden sollen. Im „Solarpaket II“ sind in demselben Strategiepapier Maßnahmen dargestellt, die im weiteren Verlauf des Jahres angegangen werden sollen.

Bereits im März kündigte der Minister die Erarbeitung einer umfassenden Strategie an, und Branchenvertreter zeigen sich mit dem Ergebnis zufrieden. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) lässt dazu verlauten: „Die PV-Strategie beinhaltet zahlreiche wichtige Maßnahmen zum Abbau von Barrieren beim Markt-, Flächen- und Netzzugang und zur Beschleunigung von Planungsprozessen.“

Das Maßnahmenpapier ist in 11 Handlungsfelder aufgegliedert, zielt jedoch auch explizit auf eine Optimierung des Gesamtsystems der Energieversorgung ab.

Handlungsfeld 1

Als erstes Handlungsfeld ist der Bereich Freiflächenanlagen genannt. Hier sollen Erleichterungen in der Baunutzungsverordnung dazu führen, den geplanten Zubauanteil von 50 Prozent im Freiflächensegment zu erreichen. Auch eine starke Förderung von Agri-PV und Biodiversitäts-PV soll unter den Freiflächenmaßnahmen realisiert werden. Hier jedoch besteht ein Widerspruch zum Argument niedrigerer Kosten pro Kilowattstunde Solarstrom der Freiflächenanlagen zur derzeitigen Realität der Erzeugungskosten von Agri-PV-Strom.

Deshalb erfordern landwirtschaftlich-energiewirtschaftlich genutzte Mischflächen genau wie schwimmende Solaranlagen (Floating PV) gesonderte Förderungsmodelle. Die Überarbeitung der Vorgaben für Floating PV zur Verbesserung der Rentabilität wird im Strategiepapier adressiert.

Handlungsfeld 2

Das zweite Handlungsfeld ist das Dachsegment. Hier soll vor allem auf eine Vereinfachung der Direktvermarktung, technisch sowie regulatorisch, erreicht werden. Außerdem sollen bei Dachanlagen Rahmenbedingungen wie die Anlagenzusammenfassung gelockert oder Repowering zugelassen werden.

Handlungsfeld 3

Mieterstrom stellt das dritte Handlungsfeld dar. In der Vergangenheit haben vor allem Vermieter kleinerer Wohngebäude mit wenigen Parteien bestehende Möglichkeiten zur Gebäudeselbstversorgung nicht umsetzen wollen, da die bürokratischen Hürden recht hoch waren. Mit dem Solarpaket I soll die Einführung des virtuellen Summenzählers beschlossen sowie steuerliche Hürden für Gebäudeeigentümer beseitigt werden. Ebenso beabsichtigt ist die Einführung eines Modells zur gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung, dass sich stark am Erfolgsmodell Österreichs orientiert.

Handlungsfeld 4

Balkon-PV boomt, und auch das „Solarpaket I“ adressiert diese Beliebtheit im vierten Handlungsfeld: Meldepflichten sollen vereinfacht und Doppelmeldepflichten beseitigt werden. Rückwärtsdrehende Zähler bei Einspeisung von Balkon-PV-Strom in das Netz sollen bis zum möglichen Zählertausch durch Zweirichtungszähler geduldet werden. Und es ist eine Aufnahme von Steckersolar in den Katalog privilegierter Maßnahmen im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) vorgesehen, was beispielsweise eine Zustimmungspflicht der Eigentümergemeinschaft eines Hauses nach sich ziehen würde.

Handlungsfeld 5

Als fünfter Punkt wird eine Beschleunigung der Netzanschlüsse dringend angestrebt. Digitalisierung, vereinfachte Zertifizierung und Anmeldung; vor allem bei Kleinanlagen sowie ein Wegenutzungsrecht für Anschlussleitungen sollen hier wertvolle Beiträge leisten. Die Netzbetreiber werden hier angehalten, die technischen Anforderungen für den Netzanschluss zu reduzieren.

Handlungsfeld 6

Das sechste Handlungsfeld bezieht sich auf Akzeptanz des Solarausbaus in der Bevölkerung. Das „Solarpaket I“ verspricht hier vor allem durch die Erweiterung der Fachagentur Windenergie an Land um das Thema Photovoltaik Erfolge, vor allem, was das Thema Freiflächenanlagen betrifft. Darüber hinaus soll Bürokratie sowie Hemmnisse für Bürgerenergie-Initiativen weiter abgebaut werden.

Handlungsfeld 7

Hemmnisse aus dem Steuerbereich, die den PV-Ausbau bremsen, werden im Handlungsfeld sieben adressiert. Hierbei geht es unter anderem um Maßnahmen aus den Bereichen Umsatzsteuer-Jahreserklärung, Gewerbesteuer bei Vermietungseinkünften durch Lieferung von Strom, und Zuordnung von PV-Freiflächenanlagen zu land- und forstwirtschaftlichem Vermögen.

Handlungsfeld 8

Handlungsfeld acht behandelt die Wiederansiedlung der PV-Industrie in Deutschland. Das Strategiepapier nennt hier Investitionsförderung, Förderung von Forschung und Entwicklung sowie die Einführung eines Hybridkapitalinstruments als Maßnahmen. Diese Erfordernisse wurden jedoch schon an anderer Stelle klar identifiziert; nun kommt es auf eine schnelle Umsetzung und Einführung an.

Handlungsfeld 9

Die Sicherung von Fachkräften für den Solarausbau wird an neunter Stelle genannt. Hier setzt das BMWK auf die Stärkung von Aus- und Weiterbildung sowie die gezielte Anwerbung von qualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten.

Handlungsfeld 10

Die Forschungsförderung als zehnter Punkt ist eng verzahnt mit dem Wiederaufbau einer heimischen Produktionsindustrie – denn nach wie vor kommen Innovationen in der PV hauptsächlich aus Europa und auch aus Deutschland.

Handlungsfeld 11

Als elfter und letzter Punkt wird die Förderung von PV im Einklang mit europapolitischen Instrumenten definiert. Hier sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren unter Berufung auf die Einstufung von EE-Anlagen im „überragenden öffentlichen Interesse“ beschleunigt werden.

Die vorliegende Photovoltaik-Strategie ist ein wichtiger Schritt zu Verbesserungen der Rahmenbedingungen für den Solarausbau. Jedoch werden wichtige Punkte wie die Förderung von PV-Anlagen auf bereits versiegelten Flächen oder eine gezielte Förderung und breite Anwendung von Energy Sharing noch auf die lange Bank, auf das „Solarpaket II“, geschoben. Sollte es jedoch tatsächlich vor der Sommerpause zu umfassenden Gesetzesbeschlüssen im Rahmen des vorliegenden Maßnahmenpakets kommen, ist ein wichtiger Schritt in Richtung solare Beschleunigung geschafft.

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